Jeder Radsportler hat wahrscheinlich schon einmal Momente auf dem Fahrrad erlebt, die der Magie näher schienen als der normalen Alltagsrealität – dieses „unbeschreibliche magische Gefühl, das man in bestimmten Landschaften erleben kann“, wie es der Künstler Tony Concrete ausdrückte. Nur wenige versuchen jedoch, dies durch ihre Kunst zu vermitteln, wie er es tut. Und noch weniger haben einen zweibändigen Manga-Comic über ein Paar radelnder Hexen geschrieben. MAJO NO MICHI (japanisch für: „Der Weg der Hexen“) ist zugleich eine Geschichte über Hexerei, eine ökologische Fabel, eine soziale Chronik und eine Ode an das Bikepacking. MAJO NO MICHI folgt einem Paar moderner Hexen, die mit ihren Fahrrädern durch die verwunschenen Grenzlandschaften zwischen Frankreich und Deutschland streifen und erzählt von ihrem Kampf, ein verfluchtes Gebäude daran zu hindern, die Region, die sie lieben, zu vergiften.

Es ist nicht Tonys erstes Kunstprojekt, das mit dem Radsport zu tun hat. „Ich liebe das Radfahren“, sagt er, „aber ich bin in erster Linie Künstler und erst danach Radsportler.“ Die Welt des Bikepacking habe ich während meines Studiums an der Kunsthochschule entdeckt, wahrscheinlich um 2010 herum. Ich war sofort fasziniert von der ästhetischen Dimension dieses Universums. Ich erinnere mich, dass ich auf Tumblr (Bloggplattform) unglaublich steife 29+ Bikes (Fahrräder mit 29-Zoll-Rädern und besonders steifen Rahmen) mit maßgefertigten Satteltaschen, Rahmentaschen und Lenkertaschen sah und dachte: ‚Das ist das Schönste auf der Welt.‘ Da hat die Idee, Comics zu kreieren, die sich um den Abenteuer-Radsport drehen, in mir Wurzeln geschlagen.“

2017 präsentierte er sein Schaffen auf Instagram mit der Idee, den Grundstein für einen Comic zu legen, der Science-Fiction und Bikepacking miteinander verbindet – ein Projekt, das allerdings immer noch auf Eis liegt. Allerdings bleibt das Fahrrad das Herzstück seines kreativen Prozesses. Für ihn ist das Rad genauso ein Werkzeug wie seine Kamera oder das Tablet, auf dem er seine Storyboards zeichnet ... oder sogar die Cafés selbst, die Orte seines Schaffens sind! Wir ließen ihm in Nizza freie Bahn, und so erkundete er die Stadt mit seinem Klapprad und machte Fotos, bevor er für eine Erfrischung ins Café du Cycliste zurückkehrte, um zu skizzieren, was ihn auf seiner Fahrt inspiriert hatte.

Tonys Hexen sind Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben und Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen. Sie setzen ihre unglaublichen Talente im Dienst ihrer Umwelt ein. Das ist eine Situation, die viele Künstler kennen. „Wie meine Figuren fahre auch ich mit dem Fahrrad durch meine Region, in der Hoffnung, die Welt zu verändern, indem ich eine Kunst praktiziere, an die niemand glaubt. Aber die Parallele endet hier“, sagt er. „Ich bin kein Hexer, aber die Hexe ist eine Figur, die ich mit Ehrerbietung zu behandeln versuche. Es sind komplizierte Figuren, und man muss Vorsicht und Feingefühl walten lassen, besonders in meiner Lage. Ich weiß, dass Hexen für viele Menschen wichtig und für viele andere unverständlich sind. Unter den Leuten, die sich auf die Figur der Hexe berufen, findet man Gruppen mit absolut gegensätzlichen politischen Ansichten. Die Hexe ist eine Schutzfigur in feministischen und antikapitalistischen Kreisen, aber gleichzeitig wird das europäische Heidentum von der extremen Rechten vereinnahmt.“

Tony hat einen Master in Comics (ja, in Frankreich gibt es das wirklich!) von der Universität Angoulême und lebt jetzt in Straßburg im Nordosten. Der erste Band von MAJO NO MICHI wurde im Juni 2024 veröffentlicht, und der zweite wird Ende dieses Jahres erscheinen. 

Radsport und Kreativität.