In awe of the Giant of Provence

Alles dreht sich um ihn in dieser Gegen… und das zu Recht! Die Leute kommen aus aller Welt, um diesen Giganten zu erobern. Er ist es, warum unsere Region in der Radsport-Gemeinschaft so berühmt ist. Ich bin ein ortsansässiges Madel. Seit etlichen Jahrzehnten lebe ich in seinen Ausläufern. Manchmal tendiere ich dazu seine Anwesenheit zu vergessen. Wir erklettern ihn oft, nicht nur per Rad. Wenn wir uns auf zwei Rädern bewegen, ist er unser unvoreingenommener Schiedsrichter. Weil wir so dicht am Berg leben, haben wir die Möglichkeit, die beste Kombination aus Wetter und Fitness zu wählen, um unseren Fortschritt einschätzen zu können.

Dort, wo wir heute sind, auf dem kleinen Stück Land an der Grenze zwischen Drôme und Vaucluse, liegt uns ein wahres Abenteuergebiet zu Füßen. Ich glaube, ich werde niemals der vielen Routen müde, die diese Gegend zu bieten hat. Manche Wege sind so schmal, dass Sie gar nicht anders können als mit der Natur zu verschmelzen und sich mit ihr verbunden zu fühlen. Kommen Sie mit mir auf eine achtzig Kilometer lange Tour, auf denen Sie selbst das reiche Erbe dieses Gebietes sehen werden.

Wir starten am Brunnen von Malaucène, an dem ich alle meine Touren beginne. Die Möglichkeit seine Trinkflaschen in den Dörfern aufzufüllen, ist eine legendäre Form der Gastfreundschaft, die wir Radsportler zu schätzen wissen. Der Asphalt im Dorf ist ganz neu, was eine Menge in diesem Radsportgebiet bedeutet. Die Tour de France wird hier in diesem Jahr eine epische Etappe veranstalten, und wir werden uns definitiv dafür vorbereiten.

Die kleine Straße, die herauf nach Entrechaux führt, zeigt alles, was ich liebe: Sie führt durch die Weinberge und Aprikosengärten. Hier herrscht absolute Stille – keine Autos, die das friedvolle dieses Platzes stören könnten.

Die alte Burg von Entrechaux wurde schon im zehnten Jahrhundert errichtet und hat über 800 Jahre die Dorfbewohner beschützt, bevor ihr ausgezeichnetes Gestein zum Bau neuer Gebäude genutzt wurde. Seitdem wurde sie Stein für Stein abgetragen. Als die Straße leicht nach Buis de Baronnies ansteigt, fühle ich, dass ich ein bisschen härter treten und schneller fahren kann. Zu meiner Rechten sehe ich die Kirche von Pierrelongue. Sie ist ein wunderliches Gebäude, dass man nicht übersehen kann. Der kleine Bau von nur wenigen Quadratmetern wurde im 19. Jahrhundert fertiggestellt. Sie ist elegant und balanciert gefährlich auf einem Felsen.

Die Saint Trophime Kapelle ist ein kleines Juwel, die das klassisch provenzalische Dorf Buis les Baronnies überblickt. Ich kann nicht widerstehen, mich selbst mit einem kleinen Umweg zum Felsen von Saint Julien zu beschenken, während ich meine Energie für den nächsten Aufstieg zum Col d’Ey spare. Dieser Anstieg hat irgendwie eine magische Atmosphäre und ist definitiv der Höhepunkt meiner Tour. Die Straße führt durch Olivenhaine. Ein paar typische alte Steinhütten bringen uns zurück in die Vergangenheit. Ich kann die Wärme in der Luft spüren. Wer hätte noch vor ein paar Wochen, als es so bitterkalt war, dass die Bauern sich Sorgen machten, gedacht, dass wir Ende April mit kurzen Armen fahren.

Unweit von der Spitze des Anstiegs bietet sich eine verblüffende Aussicht auf den Ventoux, ein prachtvolles Bild.

Die Abfahrt nach Sainte-Jalle bringt eine totale Veränderung der Umgebung mit sich durch die nicht enden wollenden Lavendelfelder vor mir. Bald schon werden sie in ihrer Farbe erstrahlen und dieses Postkartenmotiv bieten, das wir alle kennen. Ich rolle einfach weiter auf diesem speziellen Weg, an dem jede Biegung für ein tiefes Gefühl der Freiheit und Begeisterung sorgt. Hände an den Lenker, die nächsten 20 km gehen schnell, während wieder eine Straße von vielen Olivenbäumen umgeben ist.

Es sind Nyons. Nyons ist nicht nur eine kleine Stadt, es ist auch der geschützte Name einer der besten Olivensorten die man finden kann. Die „Olive de Nyons“ ist eine berühmte, schwarze Olive mit einem ganz besonderen Geschmack. Sie wird auf den lokalen Marktplätzen angeboten, meist im Schatten eines Baumes auf dem Dorfplatz. Jedoch ist sie mehr als nur eine Olive, denn sie ist zur örtlichen Tradition geworden.

Nyons ist auch bekannt für seine Brücke aus dem 14. Jahrhundert. Mit nur einem Bogen von 40 m gehört sie zu einer speziellen Kategorie von Brücken, die von der Antike bis in das 20. Jahrhundert gebaut wurden. Dank der Eigenschaften von Beton, wird diese Art von Steinarbeit heute nicht mehr genutzt.

Das macht den Anblick dieser Brücke nur noch entzückender. Ich genieße einen kleinen Moment im Abendlicht und schaue herunter zum Fluss, rund 20 Meter unter mir.

Zu guter Letzt ist Vaison la Romaine der letzte Halt unseres Provence-Ausfluges. Einmal durch die Altstadt gehen ist ein Muss. Enge Straßen, Steinwände, kleine Vorplätze verbergen schöne Villen, kletternde Bougainvillea-Blumen… Wir machen nur eine kurze Verschnaufpause hier, bevor es zurück nach Malaucène geht, um die Rundtour abzuschließen.

In den nächsten zwei Monaten wird der Lavendel blühen, die Hitze wird einsetzen und die Touristen werden sich tummeln. Mehr als je zuvor will ich die Ruhe dieser friedlichen Wege genießen.

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