Mont Ventoux: Nos montagnes à la carte #6

Als Napoleon die beste Marineflotte der Welt erbauen wollte, benötigte er das stabilste Holz, und das bat der Mont Ventoux. 1967 hat man eine Windgeschwindigkeit von 320km/h an seinem Gipfel gemessen, die stärkste jemals in Frankreich aufgezeichnete Windgeschwindigkeit.

Man benötigt wohl eher keine 20m hohe Antenne einer Wetterstation, um zu verstehen, dass der Gipfel des Ventoux sehr windig ist – oder dass jeder Baum, der es einst wagte, in der Nähe des Gipfels zu wachsen, äußerst beständig und hart sein musste.

Diese Art der Intuition und des taktischen Verständnisses waren typisch für den großen korsischen Befehlshaber, doch war in Wirklichkeit diese einsame Bergkuppe der Provence, die ständig dem eisigen Mistral ausgesetzt ist, schon weit vorher für ihr Holz bekannt. Laut historischer Dokumente fällten die Menschen hier bereits im 13. Jahrhundert Holz, als der Adel dem Dorf Bédoin die Nutzungsrechte für den Berg übertrug.

Ebenfalls in dieser Zeit bestieg der italienische Dichter Petrarch den Gipfel.

Er behauptete, dies getan zu haben, um der erste seit der Antike zu sein, der einen Berg besteigt, um lediglich die Aussicht zu genießen – und die Aussicht vom Gipfel ist spektakulär.

Obwohl geographisch Teil der Alpen, steht der Mont Ventoux mehr oder weniger einsam, unbelastet von Bergen ähnlicher Statur.

Nur ein paar Kilometer vom Gipfel des Ventoux entfernt liegt der Col des Tempêtes, ein schmaler Grat, der großartige Aussichten über die Berge Luberon und Vaucluse, über die Voralpen bis hin zum Osten, über die Cevennen bis zum Westen und über die weiten Ebenen der Rhône und der Camargue bis hin zum Mittelmeer bietet.

Ventoux war einst bekannt für seine Holzkohle – ein weiterer Hauptgrund für seine Entwaldung – und ist jetzt berühmt für seine Trüffel, seinen Lavendel, und seinen Wein (dem Côtes du Ventoux), der in seinem Schatten wächst.

Obwohl er im Herzen der Provence liegt, wo die Sommertemperaturen bis weit über 30 Grad steigen, ist der Berg einen Großteil des Jahres schneebedeckt. Im 17. und 18. Jahrhundert kam der Handel mit dem Eis des Ventoux auf. Die Ortsansässigen häuften Eis in schattigen Plätzen, um es dann in den Frühlings- und Sommermonaten zu verkaufen. Dieses Eis wurde genutzt, um Sorbet herzustellen, Fisch zu kühlen und um Kadaver zu konservieren.

Aber für Radfahrer sind es die bewaldeten und waldlosen Gebiete, für die der Ventoux bekannt ist. Es gibt drei Aufstiege über Straßen (und ein vierter, versteckter, steiniger Weg), die die Fahrer durch die heißen, dichten und schwülen Wälder führen, bevor sie in das grelle Licht der oberen Hänge gelangen. Da der Wind im Zusammenspiel mit der Entwaldung über Jahrhunderte die obere Erdschicht hinfort gefegt hat, ist nur noch der glänzende weiße Kalkstein zu sehen, der durch wiederholtes Frost- und Tauwetter in gezackte Brocken zerbrochen ist.

Das ist die „Mondlandschaft“, die seit 1950 die Stars der Tour de France sowohl erschaffen, als auch zerstört hat. Die Tragödie von Tommy Simpson und der Kollaps von Jean Malléjac sind bekannte Beispiele.

Laut des Radsportphilosophen Paul Fournel gibt es nur eine Herausforderung, nur einen ultimativen Spiegel, in dem die Fahrer entblößt, nicht nur der Erhabenheit der Natur, sondern auch ihrem innersten Selbst begegnen.

Vielleicht ist es genau deswegen, dass die Legende von Ventoux andauert und neue Kapitel geschrieben werden.

Lesen Sie mehr darüber, wo wir fahren und über unsere örtlichen Anstiege in unserer Rubrik Berge à la Carte, oder besuchen Sie uns in Nizza und erleben Sie sie selbst.

Photography : Greg Annandale

Words : Max Leonard

NOS MONTAGNES À LA CARTE