Lyon : Die Tour zum Lichterfest

Eine verheerende Cholera-Epidemie, die die Stadt Lyon heimsuchte, endete im Jahr 1852, und die Bewohner entschieden sich der Jungfrau Maria zu Ehren eine gemeinschaftliche Feier zu veranstalten: das Lichterfest. Seitdem entwickelte sich das Fest zu einem kulturellen Großereignis. Am ersten Dezemberwochenende in jedem Jahr strömen Tausende zum Herzen der Stadt, um die Lichtshows anzuschauen, die die Straßen vier Nächte lang in ihr Licht hüllen.

Die Beleuchtung von historischen Gebäuden ist eines der Highlights des Lichterfests. Von der Basilika Notre-Dame de Fourvière über den Place Bellecour bis zum Museum der modernen Kunst dienen Lichtdarstellungen als Hintergrund für Musikkonzerte, Feuerwerke und andere Aufführungen.

Im Jahr 2022 um 9 Uhr morgens erwacht die Stadt. Die Straßen sind noch immer von der langen Nacht gekennzeichnet, die die Stadt durchrüttelte und an der die Mengen schließlich die öffentlichen Plätze verließen und sich in diesen eiskalten Dezember begaben. Die Stille rundherum ist nahezu betäubend und wird von dem Klang der leeren Flaschen begleitet, die hinweggefegt werden. Vor Grimpeurs Cyclist House im Herzen der Altstadt ist eine kleine Gruppe sehr geschäftig. Dieses Duzend Fahrradfahrer scheint von dem Feiern in der letzten Nacht oder dem eisigen Wintermorgen nicht aufzuhalten zu sein. Sie sind bereit, eine Schlacht auf ihren Zweirädern auszutragen, eine 70 Kilometer lange Tour durch die Berge von Lyon. Der Anführer dieses kleinen Pelotons ist der ehemalige Rennrad-Profi Jérôme Cousin – genau der richtige Mann für diese kalte Herausforderung.

Grimpeurs Cyclist House („grimpeur“ ist das französische Wort für Bergfahrer, falls Sie es nicht schon wussten) ist ein bekannter Platz für Radsport-Enthusiasten in dieser Region. Das große moderne Innere bietet alle Dienstleistungen und Annehmlichkeiten, von denen ein Radsportler nur träumen kann, und dieser Platz bietet auch einen schnellen Zugang zu Radwegen sowie den Straßen der umliegenden Berge. Viele Radsportler treffen sich hier, da dieser Ort der perfekte Ausgangspunkt für grenzenlose Abenteuer auf zwei Rädern ist einschließlich des Energietankens vor und nach der Tour.

Nachdem wir ein Stück Kuchen am Tresen des Geschäfts in den schwarzen Kaffee getunkt haben, reißen wir uns von der Wärme des Lokals los, um uns der Horde draußen anzuschließen. Dies ist zweifellos die Gelegenheit, mit einem Profi zu fahren, der diese Burschen an diesem bitterkalten Tag nach draußen drängte. Auch ist er sicherlich der Grund, warum das kleine Peloton die Stadt mit stetem Tempo verlässt, einem Tempo, das den ganzen Morgen beibehalten wird. Allerdings werden wir den ursprünglichen Fahrplan modifizieren. Bei einer Temperatur von -5 °C ist die kleine Straße, die unsere Gruppe einschlagen müsste, um die Hügellandschaft der Monts du Lyonais anzugehen, völlig vereist. Sich dorthin zu wagen, würde bedeuten, dass wir kollektiv zu Boden gehen würden. Die Gruppe ist sich einig, dass niemand Weihnachten mit einem Bein in Gips oder einem Arm in der Schlinge verbringen möchte, und so wird der Ausflug stattdessen auf den Ebenen rund um Lyon fortgesetzt.

Die Gruppe erreicht die Ufer des Flusses Saône. Das Gebäude aus dem 12. Jahrhundert, an dem die Fahrräder gerade vorbeifahren, ist das Mekka der französischen Gastronomie. Die Abtei Collonges-au-Mont-d'Or gehört seit über 100 Jahren der Familie Bocuse. Es war der berühmte Küchenchef Paul Bocuse, der dieses Etablissement schuf, das er mehr als 50 Jahre leitete und das in der ganzen Welt Ruhm erlangte.

Mit Exzellenz als Credo wird hier die traditionelle französische Küche in den Vordergrund gestellt, wobei ausschließlich erstklassige regionale Zutaten verwendet werden. Das Interieur des Restaurants, das mit originellen Gemälden, Holzvertäfelungen und Kunstwerken dekoriert ist, schafft eine luxuriöse Atmosphäre, die der angebotenen Küche ebenbürtig ist. Vielleicht werden die Radsportler ein anderes Mal hierhin wiederkehren, um zu essen und zu genießen. Die Zeit ist wirklich weit vorangeschritten und die nacheinander folgenden Reifenpannen von einem der Fahrer führte zu einer Senkung des Durchschnitttempos, wobei auch die Körpertemperatur jedes Teilnehmers fiel.

Zurück im Grimpeurs Cyclist House zauberten die Kekse und die Cappuccini, die vom Barista angeboten wurden, ein Lächeln auf die Gesichter, deren Züge noch immer von der kalten Luft ein wenig eingefroren waren. Draußen haben sich die Straßen schon mit vielen Touristen gefüllt, die sich für eine weitere Nacht der Lichter bereitmachen. In wenigen Stunden wird die Nacht über die Stadt hereinbrechen, die Fassaden werden beschienen werden, Musik wird aus allen Ecken ertönen und das Lichterfest wird in vollem Gang sein.

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