BADLANDS - DAS ULTRA-LANGSTRECKEN-GRAVEL-RENNEN
Badlands ist ein Rennen durch Andalusien, bei dem man sich selbst versorgen muss. Dieses Gravel-Race verläuft über 725 km und es gilt insgesamt 15 000 Höhenmeter zu überwinden. Die Route beginnt in Granada, im Süden von Spanien, verläuft durch zwei Wüsten und schlängelt sich darauf am Mittelmeer entlang, bevor weitere Anstiege zurück in die Berge der Sierra Nevada führen.
Es ist Anfang September und wir brechen früh an diesem Morgen auf. Wir sind rund 200 Teilnehmer, und ähnlich wie Pferde, die ungeduldig auf dem Boden scharren, warten wir ungeduldig darauf, endlich Gas geben zu können. Die Aufstellung ist imposant: ein früherer Olympiachampion sowie ein Champion im Mountainbiking, also die Crème del la Crème der extremen Langstrecke, begleiten uns genauso wie eine Menge Radsportler, die einen gewaltigen Appetit auf ein neues Abenteuer haben.
Ich habe mich zusammen mit meiner Freundin Adrienne für dieses Rennen eingetragen, das so ganz anders ist, als ich es gewöhnt bin. Die Landschaftsfotografien der Rennorganisatoren veranlassten uns, diese Panoramen mit eigenen Augen sehen zu wollen. Ich bin noch nie im Süden Spaniens gefahren, geschweige denn in einer Wüste. Am Tag vor dem Rennen, als die Temperaturen schon sehr hoch waren, zweifelte ich an meiner Ausrüstung und fügte eine dritte Wasserflasche sowie eine XXL-Tube Sonnencrème hinzu.
Die Route beginnt halbwegs oben in den Bergen auf einer unebenen Strecke, die im Zick-Zack-Kurs durch das trockene Terrain führt. Im Verlaufe des Tages schrumpft die Anzahl der Olivenhaine. Gegen 10:30 steigt die Temperatur bereits auf über 40 Grad.
Wir entscheiden uns anzuhalten, sobald wir ein kleines bisschen Schatten entdecken, um uns abzukühlen. Die Landschaft ist außergewöhnlich. Wir fahren in den Nationalpark der Sierra Nevada hinein und erklimmen einen ausgedörrten Bergpass. Eine einzelne goldfarbene Kuh scheint sich zu wundern, was wir hier tun. Wir fahren entlang der weißen Pfade und nutzen die Frische der nachlassenden Hitze, als der Tag sich dem Ende neigt und wir schließlich unsere Biwaks auf einer Hochebene unter einem Himmel aufschlagen, an dem tausende von Sternen prangen. Die Nacht ist lebhaft: Ein Wildschwein kommt, um die Büsche zu unseren Füssen zu durchstöbern, worauf Hunde der örtlichen Farm es verjagen. Schließlich läuft noch eine Herde Ziegen mit ihren weißglühenden Augen vorbei, um die Tierparade abzuschließen.
Die Sonne geht im westlichsten Land der mitteleuropäischen Zeitzone spät auf. Wir brechen mitten in der Nacht auf, um ein paar kühle Stunden verbuchen zu können, bevor wir uns der erdrückenden Hitze wieder stellen müssen. Nach vielen Biegungen auf steilen Pfaden erreichen wir die seltsame Stadt Purellena, die in der Mulde von Guadix liegt. Viele Wohnhöhlen wurden hier in das Tongestein geschlagen. Alles ist mit orangenem Staub bedeckt, der sich in jedem Winkel und jedem Ritz unserer Räder festsetzt, so dass unsere Bikes wirklich anfangen zu quietschen. Seltsame Insekten, Schlangen und andere unbekannte Kreaturen können uns so meilenweit ankommen hören.
Gegen Ende des Morgens erreichen wir den ersten Checkpoint, Gorafe. Ein Berg türmt sich wie eine Wand vor uns auf. Die Route verläuft ähnlich einer Schlaufe durch die Wüste, und wir kommen an erschöpften Radsportlern vorbei, die aus ihr zurückkehren. Einer von ihnen sagt uns, dass dieser Abschnitt extrem schwierig ist und dass es keine Wasserstellen gibt. Wir erfahren, dass viele Teilnehmer einen Hitzeschlag erlitten haben und einige Fahrer das Rennen aufgeben mussten. Für mich ist das Ziel dieses Abenteuers, so weit zu kommen, wie ich kann. Adrienne und ich entscheiden uns diese Runde nicht zu fahren, damit wir nicht all unsere Munition verschießen – was sehr schlecht für das Rennresultat ist, da wir damit offiziell von hier ab disqualifiziert sind.
Die Route durchquert eine karge flache Ebene. Immer noch herrscht eine Temperatur von mehr als 40 Grad, jedoch sind hier ein paar Olivenbäume und Mandelbäume gepflanzt. Der Wind nimmt zu. Auch wenn das für uns nicht gerade vorteilhaft ist, so macht doch die kleinste Luftzirkulation einen Luxus aus, den wir unter der erdrückenden Hitze sehr zu schätzen wissen.
Wir erreichen das Dorf Gor, in dessen Mitte sich ein großer Brunnen befindet. Viele Radrennfahrer kühlen sich ab, halten ein Nickerchen oder füllen ihre Vorräte vor der nächsten Schwierigkeit auf. Diese beschreibt einen langen Bergpass, der zur Hälfte aus einer Straße, zur anderen Hälfte aus einer Gravel-Piste besteht und bis auf 2000 m hochführt. Wir nehmen den Anstieg in Angriff, während die Sonne untergeht und schlagen unser Nachtlager in der Mitte des langen Anstiegs auf. Mitten in der Nacht bellt uns ein Hirtenhund an, der ohne Zweifel unerfreut darüber ist, dass wir so dicht an seiner Herde kampieren. Ich glaube, ich muss meine Aufzeichnungen unter „wie man einen guten Biwakplatz findet“ revidieren.
Wir treten weiter in die Pedale, hinein in das Pechschwarz des frühen Morgens. Am Ende des Anstiegs liegt eine weite und angenehme Fahrspur. Die Sonne geht rechtzeitig zu unserer Ankunft an der Spitze auf. Wir fahren in das Sierra de Baza Naturreservat. Nachdem wir eine trockene Gegend gänzlich ohne Bäume durchqueren, erreichen wir den höchsten Punkt unserer Reise. Den Gipfel des Bergpasses am Calar Alto. Hier wurden viele Observatorien errichtet, was nicht verwundert, da die Sicht hier zweifellos klar und frei ist.
Als Nächstes folgt eine 25 km lange Talfahrt, eine die zu den 20 schönsten Abfahrten zählen sollte, mit perfektem Asphalt, mit atemberaubenden Aussichten und ohne Anzeichen eines einzigen Autos. Die Abfahrt leitet uns herunter in das Dorf Gergal, dem Zugang zur Taberas-Wüste. Wir schlafen gerade an der Außenkante des Dorfes, da das Campen in Gergal verboten ist.
Eine Wüste bei Sonnenaufgang zu durchqueren ist ein magisches Erlebnis – diese faszinierenden Panoramen in steter Folge. Wir fahren durch den Sand inmitten von Canyons und wir gehen, während wir unsere Räder schieben, auf Pfaden, die die Klippenränder säumen. Wir erkunden verlassene Dörfer und laufen durch Plätze, an denen zahlreiche Western-Filme gedreht worden sind.
Am nächsten Morgen kommen wir am Rande des „Plastik-Sees“ an, einem weiten Gebiet, das mit weißen Plastik-Gewächshäusern bedeckt ist, die genutzt werden, damit Tomaten intensiv wachsen. Dieser Abschnitt des Rennens hinterlässt einen bitteren Geschmack in unseren Mündern.
Endlich kommt das Mittelmeer in Sicht. Es zeigt sich in tiefem Blau und das Wasser ist klar. Wir konnten einem kurzen Bad nicht widerstehen, bevor wir unsere Fahrt entlang der Küste fortsetzen. Ein über den Klippen hängender Pfad bringt uns nach Cabo de Gata, einem Naturreservat für Vögel und einer Landschaft vulkanischen Ursprungs, in der wir viele Flamingos beobachten können.
Die Sonne geht unter, und wir müssen noch 30 km zurücklegen, bevor wir in Almeria ankommen, der großen Stadt, in der wir geplant hatten, die Nacht zu verbringen. Doch leider haben wir kein Glück, da dieser Abschnitt entlang des Strandes mit Sand bedeckt ist und uns mehr als drei Stunden kosten wird, um ihn zu durchqueren. Wir treffen auf zwei schwedische Teilnehmer, und jeder wiegt seine Chancen ab, ob man das Rennen vor der Deadline um 8 Uhr abends noch schaffen kann. Es sind noch 200 km zu fahren und 4000 Höhenmeter zu überwinden. Alle vier stimmen überein, dass die Herausforderung so unmöglich gemeistert werden kann. Deshalb ist es endlich Zeit für ein lange überfälliges und wohlverdientes Bier.
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