Cime de la Bonette – Letzte Runde
Höhe: 2802 m | Länge: 25 km
Wenn die hohen Alpen zur letzten Runde rufen und ihre schweren Türen für den Winter schließen, ertönt ein gewaltiges Geräusch in den Tälern.
Doch noch vor Ladenschluss ist es wichtig, sich stilvoll von den erhabensten einheimischen Bergen zu verabschieden. Unser Standort in Nizza bedeutet für uns, dass wir lediglich einen Katzensprung und einen Fingerzeig entfernt, mit unglaublichen Straßen und Bergpässen sowie der höchsten befestigten Straße Europas gesegnet sind.
Der Cime de la Bonette sollte nicht mit dem Col de la Bonette verwechselt werden, der auf seinen Schultern sitzt. Der Cime de la Bonette, also der Gipfel des Bonettes, ist 2860 m hoch. Die Route de la Bonette, die in der Tour de France vereinfacht als Cime de la Bonette bezeichnet wird, führt einmal um den Gipfel, erreicht dabei eine Höhe von 2802 m und liegt damit etwas höher als der Bergpass (2715 m). Doch wird von der Möglichkeit, die Route de la Bonette zu befahren, viel öfter abgesehen, als dass diese übersehen würde. „Das war genug!“, meinen die meisten Fahrer nach einer anstrengenden Tour und entscheiden sich dagegen, sie anzugehen. Doch wann ist genug jemals wirklich genug im Schatten dieser majestätischen Berge? Diejenigen mit der Ambition, immer noch höher gelangen zu wollen, werden mit Sicherheit den Cime auf ihrer Liste haben.
Wir benötigen eine zweistündige Autofahrt von Nizza an den Fuß dieses Berges, dieses Giganten des Mercantour-Nationalparks, der als Krönung aller Pässe in der Tour de France des nächsten Jahres bereits gesetzt ist. Hier wird das prestigeträchtigste Rennen der Welt seinen Höhepunkt in den Seealpen finden, bevor es entlang der Promenade des Anglais enden wird.
Hier im Oktober zwischen den größten geologischen Formen Europas zu fahren verleiht eine gewisse Ruhe, obwohl die Beine schreien. Die prachtvollen Farben des Herbstes wirken wie ein ruhiger Auftakt für die Ankunft des Schnees und der Dunkelheit.
Diese unglaubliche Route verbindet das Ubaye-Tal mit dem Tinée-Tal, wo wir uns gerade befinden, und die Nähe der Route zu der französisch-italienischen Grenze bedeutet, dass die Straße eine Geschichte und eine Bedeutung besitzt, die über die Kämpfe der professionellen Radrennfahrer hinausgehen. Die alten militärischen Kasernen an der Nordseite des Restefond werden es Ihnen bezeugen.
Wir starten ausgehend von Saint-Étienne-de-Tinée und fühlen direkt den Shock der Höhe kombiniert mit dem vorhergehenden 120-minütigen Stillsitzen im Auto. Deshalb fahren wir mit hoher Trittfrequenz an Bars, Restaurants und schlafenden Katzen vorbei. So spät in der Saison spürt man die Bergwinde bis in die Knochen. Jacken und Westen sind dankbarer Weise schnell zur Hand. Haarnadelkurven kommen und gehen und mit dem Aufwärmen der Beine und der Lunge beginnen die Kilometer uns nach oben zu ziehen. Bald schon erstreckt sich vor uns die Herrlichkeit der hohen Alpen, deren Natur sich einmal mehr als der beste lebende Künstler erweist. Man fühlt sich wirklich wie genau im Herzen des Mercantour mit seinen steilen Hängen, seinen nackten Gipfeln und dem schrillen Ruf dieser flauschigen kleinen Kreaturen, die Murmeltiere genannt werden.
Zu alle dem bietet der wunderschöne Herbst eine Palette aus Gold, Rot und Grün, über die selbst Picasso gestaunt hätte. Außerdem sehen wir nur sehr wenige Autos während des gesamten Aufstiegs, was undenkbar wäre, wäre man zu dieser Jahreszeit entlang der Küstenstraßen, der „Cornichen“ zwischen Nizza und Monaco unterwegs. Recht schnell passieren wir eine Höhe von 2000 Metern und als wir in Richtung Col de la Moutière abbiegen, wird das Gelände rauer und die Hänge steiler. Jetzt ist die Zeit, alles in sich aufzunehmen, die Stille der Berge zu genießen und sich weiter zum Gipfel vorzuarbeiten. Die spärlichen Wälder hier bieten Ihnen unglaubliche Aussichten und Sie können den Cime sehen, wie er stolz über allem anderen thront.
Sowohl 1962 als auch 1964 führte Frederico Bahamontes die Tour de France über diesen gigantischen Pass. Dieser spanische Fahrer war als der Adler von Toledo bekannt, und hier werden Sie sich dem Fliegen so nahe fühlen, wie es nur geht, ohne den Boden zu verlassen. An Orten wie diesen können Sie sich von Ihrem Geist tragen lassen und die Landschaft regelrecht fühlen.
Einmal am Gipfel des La Moutière angekommen, führt uns eine kurze, 500 m lange Abfahrt auf einen weiteren Schotterweg und zu einem drei Kilometer langen Anstieg. Er ist gut befahrbar, selbst mit dünnen Rennradreifen. Achten Sie jedoch darauf, dass Sie nicht zu viel Druck in den Reifen haben, wenn Sie vorhaben, hier hochzufahren … Der Weg führt uns auf den Nordhang des Bonette (die Jausiers-Seite) und dann erklimmen wir weitere zwei Kilometer zum Cime de la Bonette, um das zu finden, was sich wie das Dach Europas anfühlt.
Die Aussicht ist atemberaubend, genauso wie die Straße, die uns hierhergebracht hat und wir brauchen ein paar Minuten, um uns wieder zu fassen. Dann machen wir Selfies und spüren diesen überaus wichtigen Moment der stillen Zufriedenheit. Unsere nächste Belohnung ist natürlich die 25 Kilometer lange Talfahrt zur nächsten heißen Schokolade. Die letzte Runde war noch nie so süß.
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