GUILLAUME NERY | EINE SKANDINAVISCHE BIKEPACKING-TOUR.

Für unseren Caravan Athleten, den berühmten Freitaucher Guillaume Néry, der an der Côte d’Azur lebt, ist eine sommerliche Bikepacking-Reise bereits zur Tradition geworden. Als er in seiner Jugend das Apnoetauchen lernte, nutzte Néry den Radsport, um Muskeln aufzubauen, um an seiner Atemkontrolle sowie der effizienten Nutzung seiner physischen Energie zu arbeiten. So trainierte er fünfmal in der Woche mit dem Fahrrad, und selbst als seine Karriere voranschritt, fuhr er immer noch zweimal pro Woche. Mittlerweile hat sich sein Bezug zum Fahrrad geändert, denn er gebraucht es nicht länger als Trainingswerkzeug, sondern viel mehr als Mittel, um die Freiheit zu erfahren, die er auch Unterwasser gefunden hatte, allerdings zusammen mit Freunden

Nachdem er bereits Touren in die Alpen und Pyrenäen unternommen hatte, nahm er sich 2022 den Balkan vor, bevor er 2023 auf der Suche nach einem kälteren Reiseziel seine Aufmerksamkeit auf den Norden richtete. Im Juli kamen Guillaume mit seiner Partnerin Audrey und Fouad, einem guten Freund Guillaumes in Kopenhagen samt ihren beladenen Fahrrädern an, um einen Monat durch Skandinavien zu touren. (Guillaumes Fahrrad wog 45 kg und die der anderen nicht viel weniger!) „Indem man das Fahrrad einer Person ansieht sowie was und wie sie es gepackt haben, erfährt man, welche Prioritäten sie setzen und versteht etwas von ihrer Persönlichkeit.“ erklärt Guillaume.

GUILLAUME NERY | EINE SKANDINAVISCHE BIKEPACKING-TOUR.
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Auf dem Weg zum schwedischen Allerum, ihrem ersten Stopp, staunen die Freunde über die schiere Anzahl an Menschen, die mit dem Fahrrad fahren und darüber, wie flach die Landschaft im Vergleich zu den Bergen der Côte d’Azur ist. Die Stelle, an der sie ihr Nachtlager aufschlagen, scheint ein idyllisches Plätzchen zu sein – zumindest, bis eine Möve den Lachs stielt, den sie für ihr Abendessen gefangen hatten! Nach 204 Kilometern erreichen sie Göteborg, wo sie Guillaumes Geburtstag mit einem Dach über dem Kopf, einem richtigen Bett, Hering auf Toast sowie einem spontanen Besuch eines Coldplay-Konzerts feiern, da die Band gerade zufällig in der Stadt spielt. Nach Göteborg öffnet sich der Himmel, und die zweitägige Fahrt nach Röe findet unter sintflutartigem Regen statt. Von hier aus führte sie ihr Weg nach Strömstad, während sie wieder in der Sonne schwelgen können. Diese sich abwechselnden nassen und trockenen Tage sollten ihnen im Laufe der Reise noch vertraut werden.

Erinnerungen an Schweden: Zimtschnecken - Guillaumes Lieblingsgebäck mit Zimt, Suche nach Wäschereien, während man den Überblick über die täglichen Aufgaben behält; frischen Fisch direkt vom Fischer kaufen und Früchte samt wilden Himbeeren vom Wegesrand zum Frühstück; eine Nacht in einer dreckigen, heruntergekommenen Hütte hocken, nur um dem Regen zu entkommen. „Dies sind kleine Lebenserfahrungen – jede einzelne ein konzentrierter Teil des Lebens.“, sagt Guillaume.

Nach Strömstad folgt Norwegen. Die Mittagsfähre bringt sie in eine etwas aufregendere Landschaft mit weitem hügeligem Gelände sowie starkem Regen. Eine 33 Kilometer lange, späte Fahrt fühlt sich wie die doppelte Distanz an. Doch die Freundlichkeit Norwegens rettet sie, als Maria und Arif, die Besitzer eines Cafés, in dem sie eine Pause einlegten, um etwas zu essen, ihnen Bett, Dusche und einen guten Kaffee anbieten - was besonders Fouad freut.

GUILLAUME NERY | EINE SKANDINAVISCHE BIKEPACKING-TOUR.
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Es sind noch 108 Kilometer bis nach Oslo, und für die kommenden zwei Tage geht es im Sonnenschein weiter. Nach noch mehr Zimtschnecken für Guillaume und zwei Sonnenbrillen für Fouad, der etwa eine pro Woche verliert, nehmen sie den Zug zu den Küstenfjorden, da Fouad sie schon früher verlassen muss und sie auf diese Weise die letzten Straßen zusammenfahren können. Zugfahren fühlt sich ein bisschen wie Schummeln an, doch ist diese Tour kein Rennen, und es gibt niemanden, der sie disqualifizieren könnte! Je bergiger es wird, desto kälter wird es. Ein allmorgendlicher Kampf setzt ein, bei dem es gilt, die wichtigen Habseligkeiten zu packen und sie vor dem unaufhörlichen Regen zu schützen. Doch Fouad ist nicht zu stoppen, gedopt von den Espressos, die er in seiner Aeropress zubereitet. Audrey bewältigt die Anstiege gut, und in Geilo schlagen Sie auf einer Höhe von 1000 Metern ihre Zelte auf. Tagelanger Regen, keine Autos, klirrende Kälte, jedoch vollkommene Zufriedenheit. Rentier, das von Fouad gekocht wird, ergänzt die Kost aus Avocado-Toasts und weiteren Zimtschnecken.

An Tag 15 scheint die Sonne wieder – Hip, hip hurra! – während sie die berüchtigte Gravel-Strecke Rallarvegen fahren. Nachdem sie Myrdal erreichen, feiern sie Audreys Geburtstag mit einem Muffin und einem kleinen Hotelzimmer oben in den Bergen als Geschenk. Nach einem ausgiebigen Frühstück fahren sie entlang des Sognefjords, Norwegens längstem (204 km) und tiefsten (1308 m) Fjord. Fouad geht – müde, jedoch zufrieden mit dem Erlebnis. Guillaume und Audrey setzen ihre Tour fort und erreichen nach 123 Kilometern sowie einer Fährüberfahrt Førde und legen dabei den 1000sten Kilometer der Reise zurück.

Der Regen vermag es nicht, die sagenhafte Landschaft der Wälder, Klippen und Wasserfälle, die in die Fjorde krachen, zu trüben. In Førde legen sie einen Ruhetag ein und verbringen den Tag und die Nacht in einem warmen Apartment. Kochen, waschen, lesen, ausruhen – bei diesen einfachsten Freuden kann man wieder zu sich selbst finden und sich während dieser langen Reise etwas um sich selbst kümmern.

Am nächsten Tag müssen sie einen Sprint nach Bremangerlandet einlegen, um die Abendfähre zu erwischen, allerdings fahren sie genügend Zeit heraus, um Makrelen für das Abendessen zu besorgen. Während die Müdigkeit einsetzt und die Räder sich immer schwerer anfühlen, nehmen sie sich die abgelegenste Region Norwegens vor, in der es nur wenige Plätze zum Schlafen und erholen gibt. Inmitten dieses Reiseabschnitts verbringen sie einen Tag in Bjørkedal in einem 400 Jahre alten Haus, bevor sie in Richtung Leknes aufbrechen.

GUILLAUME NERY | EINE SKANDINAVISCHE BIKEPACKING-TOUR.
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GUILLAUME NERY | EINE SKANDINAVISCHE BIKEPACKING-TOUR.

Nach einer Nacht an der Fährstation von Liabygda und einem kurzen Bad im Meer an einem idyllischen Ort – unwiderstehlich für einen Freitauch-Champion – folgen ein Garnelentoast und ein Kaffee in einem historischen Hotel. Dann, nachdem sie die schönste Straße gefahren sind (Noch schöner als der Col d’Aubisque, aus Guillaumes Sicht), kampieren sie an einer weiteren Fährstation. Für den letzten Tag auf dem Rad haben sie sich den Trollstigen vorgenommen, eine von Norwegens legendärsten Bergstraßen, die über 32 Kilometer ansteigt – wieder mal im Regen. Nicht weit davon entfernt endet ihr Abenteuer in Åndalsnes mit einem Regenbogen.

Im Nachhinein, wenn Guillaume über diese Reise reflektiert, so war das Herausforderndste der konstante Wechsel von warm zu kalt, trocken zu nass und hell zu dunkel, selbst mit einer kompletten Ausrüstung. Auch das Jedermannsrecht hat ihn beeindruckt. Es bedeutet, dass Bikepacking und wildes Campen mit Sorgfalt und Respekt vor dem Eigentum von Menschen und der natürlichen Umwelt in ganz Skandinavien bis auf Dänemark zu einem selbstverständlichen Recht gehört, das nahezu überall ausgeübt werden kann.

Die gesamte Erfahrung, diese Erlebnisorte zu teilen; zu lernen, die ganze Zeit zusammenzuleben; sich anzupassen und sich gegenseitig durch die unangenehmen Momente zu helfen, ist das, was lange Fahrradreisen unvergesslich machen. "Es gibt immer diese Momente, wenn jeder mal alleine sein will. Doch letztendlich realisiert man, dass es das Zusammensein ist, das diese Reisen so wundervoll macht.", erklärt Guillaume.

Guillaume denkt unterdes bereits an seine nächste Reise, bei der er seine Tochter mitnehmen will!