ZWISCHEN ZWEI GEWÄSSERN

Die Mündung des Flusses, dort, wo die Loir auf den Ozean trifft, ist immer ein faszinierender Platz. Vom Mississippi in New Orleans bis zu der Stelle, an der der Jangtsekiang in das Ostchinesische Meer fließt - diese Orte haben eine Kraft, die sich nicht in Worte fassen lässt, und da bildet auch die Mündung der Loire keine Ausnahme. Salzwasser mischt sich mit Süßwasser, und das Phänomen der Gezeiten kann noch mehr als 100 Kilometer flussaufwärts gespürt werden.

Die Landschaften der Mündung mit ihren wilden Feuchtbiotopen treffen auf die Schiffswerften mit ihren hyperindustriellen Werken. Diese Konfrontation zwischen Natur und Technologie ist so explosiv wie unerwartet.

Wenn man in diesem Gebiet in der südlichen Bretagne mit ihrer typisch ländlichen Umgebung fährt, dann ist das ein ziemlich faszinierendes Erlebnis und erinnert ein wenig an einen Jaques Tati Film mit Monsieur Hulot, wie er sich an der Küste herumtrieb.

Doch dann erkennt man den Brutalismus der großen Metallbrücken, die einen starken Kontrast zu den schönen Häusern am Ufer sowie zu den zarten Marschvögeln bilden. Diese gehen ihren täglichen Besorgungen an der Seite von großen maritimen Windkrafträdern nach, die darauf warten ausgeschifft zu werden. Salzarbeiter schleudern ihre Ausbeute manuell neben gigantische automatische Loren. Das Ausmaß der Moderne ist faszinierend.

Wir brechen in Nantes auf, einer dynamischen und kreativen westlichen Metropole. Nantes ist zugleich ein Meilenstein auf der langen Radsportroute „La Loire à Vélo“. Wir treffen ein paar Radsportler an den Ufern der Loire, bevor wir uns vom Fluss entfernen, um in die unendlichen Weite der völlig flachen Marschlandschaft zu fahren. Die zahlreichen Graureiher und Tagreiher werden unsere einzigen Begleiter für den Rest des Tages sein.

Hier und da können wir jedoch Schornsteine ausmachen, die eine monumentale Fabrik oder einen weitläufigen industriellen Komplex ankündigen. Je mehr man sich dem Ozean nähert, nimmt ihre Anzahl zu. Große Flächen an Schilf und Wasserlinsen weichen langsam Gebieten mit apokalyptischer Architektur, die aggressiv am Horizont heraufzieht.

Saint Nazaire ist der erste französische Hafen an der Atlantikküste und markiert das Ende des Flusses und den Anfang des Ozeans. Gigantische farbenfrohe Kräne unterbrechen die Skyline und lassen uns winzig gegen die sich auftürmenden Strukturen erscheinen.

Ein großer Bunker, eine frühere deutsche U-Boot-Basis während des Zweiten Weltkriegs eröffnet einen atemberaubenden Blick über den Fluss und den Hafen und bietet einen ziemlich originellen Abenteuerplatz, um unsere zweirädrigen Maschinen besser kennenzulernen.

Es ist an der Zeit den Fluss zu verlassen und entlang der Küste zu fahren. Die schönen Häuser aus der Mitte des 11. Jahrhunderts erinnern an den Strandtourismus vergangener Tage und es fällt leicht sich vorzustellen, wie Großstadtbewohner hierhin reisten, um am Rande des Ozeans sich zu erquicken und unter den aromatischen Pinien spazieren zu gehen. Etwas weiter nördlich entfalten sich die Salzmärsche der Guérande in einer riesigen Ebene, deren Gestalt hin und wieder von der Form der Salzhügel unterbrochen wird.

Die Arbeiter machen weiter und scheffeln ihr heißgeliebtes Mineral. Unsere Route folgt der Vilaine, einer der ersten kanalisierten Flüsse Frankreichs über eine ausgezeichnete Gravel-Strecke, die uns nahezu glauben lässt, wir wären in den Vereinigten Staaten. Die kleine mittelalterliche Stadt Redon liegt an der Kreuzung des Flusses und des Kanals von Nantes nach Brest und weist den Weg zurück. Die Runde ist komplett.

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