Die Tour des Monats: Wir folgen der Strecke der Ironman-Weltmeisterschaft 2023
In die Promenade des Anglais ist der letzten Zeit wieder relative Ruhe eingekehrt. Die Ironman-Weltmeisterschaft, die normalerweise auf Hawaii stattfindet, war für 2023 an die französische Riviera verlegt worden.
In den letzten Tagen haben die 7 Kilometer Radweg entlang der Promenade eine eindrucksvolle Anzahl außerirdischer Wesen, die auf extravaganten Maschinen fahren, gesehen. Die Triathleten taten ihr Bestes, doch jetzt haben die Schwimmer, Läufer und Radsportler die Szenerie wieder verlassen, um in ihre Heimatorte rund um den Globus zurückzukehren.
Nizza pflegt eine lange Tradition, wenn es um Triathlon geht. Zwar hat dieser Sport auf einer hawaiianischen Insel seinen Ursprung gefunden, doch seit 1982 ist Nizza zu einem europäischen Muss für die besten Athleten geworden. Heute zählt der Triathlon zum Erbe dieser Stadt.
Mit dem azurblauen Meer, dem pittoresken Hinterland, dem zerklüfteten Terrain und dem angenehmen Klima sowie seinem internationalen Flughafen ist dieser Wettbewerbsstandort nur schwer mit irgendeinem anderen Ort der Welt zu vergleichen. Die Rad-Strecke der diesjährigen Meisterschaft erhielt erhebliche Aufmerksamkeit und man war voll des Lobes während des Events. Vielleicht, weil der Parcours den charakteristischen Merkmalen treu blieb, die so viele Radsportler faszinieren, die an die französische Riviera kommen, um ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Die Strecke bietet eine schnelle Abfahrt vom belebten Küstengebiet und einen abrupten Übergang in das schroffe Terrain des Hinterlands.
Sofort erhält man einen Eindruck von dem Charme der Provence mit den gefeierten Dörfern, die sich auf Hügeln oder Bergen befinden, den terrassierten Feldern sowie den sich windenden Straßen, die zu diesen malerischen Bergpässen führen. Rémi Conte, ein professioneller Triathlet, der mit einer glänzenden Leistung am letzten Wettbewerb teilnahm, erklärte sich bereit, mit uns die Strecke nachzufahren. Rémi ist ein entspannter Typ, der scheinbar nie aufhört zu lächeln. Seine Augen funkeln verschmitzt, während er ständig für den nächsten Witz oder weisen Kommentar bereit ist. Er verkörpert das Gegenteil eines Triathleten, der sich selbst zu ernst nimmt.
Als Allrounder in allen Sportarten haben wir ihn das erste Mal beim Surfen und nicht etwa beim Radfahren oder Laufen kennengelernt. Nun treffen wir uns wieder, nachdem er bei der Weltmeisterschaft den 18. Platz erreichte und beim Hamburger Ironman eine Marathonzeit von 2 Stunden und 36 Minuten schaffte. Sein erstes Jahr unter den Profi-Triathleten war ein Erfolg, und es herrscht kein Zweifel, dass in diesem Kerl eine kraftvolle „Maschine“ am Werke ist. Um 6:30 auf der Promenade des Anglais werfen wir einen ersten Blick auf das Mittelmeer. Das ist normalerweise die Zeit, in der die Triathleten anfangen zu schwimmen. Rémi jedoch beobachtet, wie die kleinen Wellen brechen: „Es sieht aus, als könnte man an diesem Morgen gut im Var-Tal surfen!“ Er denkt immer daran, was er als nächstes tun kann, ist aber sicher nicht unglücklich an einem Morgen wie diesem mit dem Rad hinauszufahren.
Erst fahren wir in Richtung La Gaude und anschließend nach Vence, um Höhe zu gewinnen und diesen Landschaftswechsel zu vollenden. Als wir Vence durchqueren, lassen wir diesen legendären Bergpass bei Seite, weil die Strecke der Weltmeisterschaft nun mal weiter in Richtung Gorges du Loup zu einem Anstieg nach Gourdon verläuft. Es sind zwar kaum 60 Kilometer gefahren, jedoch verdient es Gourdon, dass hier jeder, der vorbeikommt, eine Pause einlegt. Dieses auf einem Berg gelegene Dorf konkurriert mit den schönsten Dörfern Frankreichs und es ist sehr selten, dass man hier keine Touristen antrifft. Das Dörfchen Gourdon hat seinen guten Ruf wohlverdient.
760 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, ist das 180-Grad-Panorama des Dorfes, das sowohl die See als auch die Berge umfasst, einfach überwältigend. Nachdem wir sie Aussicht ordentlich genossen haben, führt uns die Route hinauf zum Col de l’Êcre und verläuft dann weiter zum Plateau von Caussols, das rund 400 Meter höher liegt. Die Landschaft verändert sich dramatisch, wenn man eine Höhe von über 1000 Metern erreicht hat und die folgende 60 Kilometer lange Runde durch Andon, Caille und Valderoure auf dem Weg nach Gréolières spiegelt eine alpine Welt wider.
Die Kühle bietet eine willkommene Erleichterung, genauso wie die Ruhe. Die Landschaft, die manchmal wüstenähnlich ist und manchmal aus hügeligen Weiten besteht, offeriert eine willkommene Abwechslung. Die Ankunft in Gréolières läutet das letzte Drittel des Rennens ein. Nahezu 2400 Höhenmeter wurden an diesem Punkt erkämpft und das, was noch übrig bleibt, erscheint nahezu erholsam: Bézaudun-les-Alpes, Bouyon … „Wir sind hier wie verrückt heruntergerast. Ich bin wie ein Wahnsinniger auf meinem Zeitfahrrad über die Fahrbahnschwellen gesprungen“, sagt Rémi mit einem Grinsen.
"„In dieser Kurve wäre ich fast gestürzt. Mein Scheibenrad hinten begann zu rutschen, aber ich konnte das Fahrrad wie durch ein Wunder wieder unter Kontrolle bringen. Es war heftig“, kichert er.
Als Rémi und wir wieder auf der Promenade des Anglais ankommen, erinnert er uns daran, dass jetzt eigentlich noch ein Marathon anstünde. Er hatte diese Radetappe beim Ironman 2023 übrigens in 4 Stunden und 56 Minuten erledigt.
Den Marathon schaffte er in 2 Stunden und 47 Minuten mit einer Gesamtzeit von 8 Stunden und 43 Minuten beim Ironman von Nizza. Allerdings glaubt Rémi, dass es auf dem Rad noch Raum für Verbesserungen gibt, sodass wir ihn wahrscheinlich bald wieder auf den Straßen des Hinterlands sehen werden.
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