Col de la Colmiane : Nos Montagnes à la Carte #13
Der Name Colmiane entstammt aus einer alpinen Version des okzitanischen Dialekts. „La Cuòla miana“ bedeutet so viel wie „der mittlere Berg“. Der Weg, der zu ihm führt, ist ein klassischer Bergpass, der die Täler der Tinée und der Vésubie miteinander verbindet. Zu beachten ist, dass das Label „mittel“ dem erkundenden Radsportler nicht zum Anlass dienen sollte, die physische Herausforderung oder die alpine Schönheit der Umgebung zu unterschätzen. An der Spitze des Col de la Colmiane liegt ein Skigebiet umgeben von hohen Gipfeln. Sein westlicher Ausläufer ist 16,3km lang. Kurz gesagt: Ein ordentlicher Berg!
Zumeist spricht man in der professionellen Radsportscene von dem Bergpass „La Colmiane”, jedoch ist er unter der lokalen Bevölkerung eher als Col Saint-Martin bekannt. Der „Martin” ist verbunden mit der Stadt am Fuße der östlichen Seite des Anstiegs: Saint-Martin-Vésubie.
Der Spitzname “Suisse Niçoise”, die Schweiz von Nizza, ist vor Ort sehr geläufig und die Gegend ist auch international unter Bergsteigern bekannt. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert entschloss sich der ortsansässige Pionier Count Victor Cessole, ausgehend von diesem Platz, sein Leben der Erforschung und Dokumentierung der Gipfel des Département Alpes-Maritimes zu widmen. Er baute Pfade und Unterschlüpfe und fotografierte den Wandel der Berge, die zunehmend ein beliebter Tummelplatz für die Menschen wurden. Man kann den Gedanken nicht ruhen lassen, dass Victor, wäre er nur 100 Jahre später geboren worden, auch ein begeisterter Radsportler gewesen wäre.
Der Col de la Colmiane wäre sicherlich einer der regelmäßig genutzten Anstiege des Counts. Startet man in Saint-Martin-Vésubie, gelangt man zur östlichen Seite des Anstiegs. Dieser ist die steilere und kürzere Variante mit 7,3km Länge und einer durchschnittlichen Steigung von 7%. Es sei denn, Sie fahren aus dem Vésubie-Tal hoch. In diesem Fall werden Ihnen Ihre Beine zu verstehen geben, dass es sich um einen wesentlich längeren Anstieg handelt. Von Lantosque aus sind es ungefähr 23km bei einer durchschnittlichen Steigung von 4,5%. Von Nizza ausgehend ist es ein langer Weg, da Saint-Martin-Vésubie etwa 60km von der Küste entfernt liegt. Die wirkliche Schönheit der Umgebung sieht man aber erst in diesen 7 letzten Kilometern nach der Stadt. Die Aussicht von den Serpentinen des Anstiegs zu den hohen Gipfeln des Argenteras und des Gélas sind atemberaubend, während die Tannenbäume am Straßenrand Sie davon überzeugen, dass die Luft, die Sie atmen, Sauerstoff aus eine sehr reinen Quelle enthält.
Der andere Anstieg, auf der westlichen Seite, ist ähnlich herausfordernd und 16,3km lang. Hier findet man ein Tal vor, das von modernen Entwicklungen scheinbar unberührt geblieben ist, genau wie es in einem der frühen Werke des Count de Cessole beschrieben wird: „Dörfer, die in einer Art der Ewigkeit eingefroren sind, Länder der Arbeit, Orte der Andacht.“ Die westliche Seite wird einer der Anstiege der Tour de France im Juni 2020 (mehr dazu später).
Jedes der vier Dörfer, die den Anstieg prägen, spiegeln stolz den typischen Pastellton der Bergfarben wider, die auch ihre zahlreichen Gegenstücke in den Arrière-Pays präsentieren. Le Planet, La Bolline, La Roche, und schließlich auch Saint Dalmas, in allen ragt der Kirchturm in mitten einer Gruppe von Reihenhäusern hervor, deren Fassaden aus Lehmziegeln, altem Holz und Schieferkacheln bestehen.
Oberhalb des Anstiegs, eine kleine Abzweigung in der Nähe des Tinée-Tals hinauf, liegt das kleine Dörfchen Rimplas, in dem Tatsachen für den Effekt des 2. Weltkriegs gesehen werden können. So formt eine große Bunkeranlage einen Teil des Tinée-Tals zusammen mit einem Netzwerk von Forts. Auf einem der Gebäude thront heute ein Tennisplatz. Während des Krieges war die Region Alpes-Maritimes seit dem 11. November 1942 von der vierten italienischen Armee besetzt. Das Mitgefühl der italienischen Machthaber machte die Gegend zu einem sicheren Ort für tausende jüdischer Flüchtlinge, die vor allem in Saint-Martin-Vésubie angesiedelt wurden.
Nach dem italienischen Waffenstillstand vom September 1943 folgte die direkte Bedrohung durch die deutschen Machthaber, die nunmehr die Region Alpes- Maritimes kontrollierten. Unter der Bedrohung wagten etwa tausend Juden von Saint-Martin den Aufstieg über die Pfade der alten Salzroute, die über die hohen Bergpässe führten, ins sichere Italien. Wenn Sie nordöstlich zum Col del la Fenestre wandern, werden Sie ein Steingebäude finden, in dem sich Juden monatelang versteckt hielten. Die Juden, die in Saint-Martin geblieben waren, wurden verhaftet und nach Auschwitz deportiert.
Diese bedrückende Vergangenheit ist nicht sofort ersichtlich angesichts der Schönheit des Ortes. Jedoch erinnert sie uns daran, was es ausmacht die Freiheit zu genießen, die es ermöglicht in unserer Freizeit solch wunderschöne Orte zu besuchen. Und während die Wanderer zu den hohen Gipfeln streben und Touristen den Wolf Park von Le Boréon besichtigen, kann der abenteuerlustige Radsportler Platz und Ruhe am Col de la Colmiane finden.
Lesen Sie mehr darüber, wo wir fahren und über unsere örtlichen Anstiege in unserer Rubrik Berge à la Carte. Or Besuchen Sie uns in Nizza und erkunden Sie die Berge mit eigenen Augen.