Zurück in die Bretagne
Sophie Gateau auf neuen Bikepacking-Abenteuern oben im Norden
Es geht doch nichts über ein paar Etappen der Love Tour, um nach den Ausgangsbeschränkungen schrittweise die Beine wieder auf Vordermann zu bringen. Die Love Tour ist ein geselliger Event des hervorragenden Radsportmagazins „200“. Jeden Sommer werden Anfang Juli Radsportler dazu eingeladen, eine oder mehrere Etappen der Tour mitzufahren, wobei sich die Route jedes Jahr ändert, passend zum oftmals verrückten Thema der Tour. Start und Ziel sowie die Strecke dazwischen werden den Teilnehmern angeboten, die ein buntes Peloton auf den Straßen Frankreichs bilden. Das Thema für die Love Tour 2020 war „Mäßigung“ und führte von einer Gasthausbrauerei zur nächsten.
Der Start der ersten Etappe ist in Saint-Méloir-des-Ondes, einem kleinen Städtchen des Départements d’Ille-et-Vilaine in der Bretagne. Nach einer 150 km langen Anreise durch die Normandie, die mir erlaubt die Pracht von Mont Saint-Michel ohne Touristenhorden zu genießen, komme ich schließlich in Cancale an, doch habe ich mit starkem Gegenwind von der Küste zu kämpfen. Nachdem ich Mathias, meinen „Komplizen“ gefunden habe, fahren wir zum Campingplatz an der See, dem Sammelpunkt der lustigen Truppe.
Wir sind definitiv in der Bretagne. Sprühregen und Gegenwind begleiten uns auf den ersten 185 Kilometern der ersten Etappe, die uns nach Trède-Locquémeau führt, dort wo fast alle Straßenschilder mit „Ker“ beginnen. Das Peloton strebt im Verlaufe des Tages auseinander und findet sich wieder zusammen, aufgrund unterschiedlicher Kondition, dem zwingenden Verlangen nach einem „Far Breton“, dem Bretonischen Backpflaumenkuchen und anderen Verrücktheiten der Radsportler. Wir beenden die erste Etappe umgeben von Musik an der Kerempont Brasserie in Lannion, die ein kleines Fest für die Passage der „Mäßigungs“-Tour organisiert hat. Wir müssen es immer noch zum Campingplatz schaffen und so sind wir zurück auf der Straße nach einem Bier (oder mehreren). Die typischen Küsten der Bretagne lassen sich dank der Getränke bis zu 36 % einfacher bewältigen. Wir schlagen die Zelte so schnell wie möglich auf, nur um zu entdecken, dass das einzige Restaurant des Dorfes vollbesetzt ist und dass die andere Möglichkeit zu Speisen oben auf einem Berg liegt. Mit ein paar Komplizen, die in der gleichen Lage sind, sammeln wir großherzig unsere verbliebenen Rationen, um ein improvisiertes Picknick mit Pommes Frites, die der Campingplatz-Manager netterweise für uns zubereitete, zusammenzustellen.
Die zweite Etappe durchquert die Monts d’Arrée, eine Bergkette, die konstant windig und regnerisch ist. Wir erklimmen Anstiege inmitten von Wäldern, die so einige Märchen erzählen könnten. Die Brauerei am Ende der Etappe hat unglücklicherweise geschlossen, worauf meine Reisebegleiter den kürzesten Weg zum Zeltplatz in Châteaulin nehmen. Dabei verpassen sie jedoch die kleine Ar Vu Vihan-Brauerei, die zu meiner Überraschung auf dem eigentlichen Weg liegt. Hier finde ich andere Radsportler, die bereits einige Biere mit der Bierbrauerin in ihrem Garten trinken, umgeben von akrobatischen Hühnern. Nach einer Demonstration der Wirtin von ihren Talenten als Metal-Sängerin, fahre ich weiter mit Bieren für meine Freunde im Gepäck, die sich schon im Campingplatz eingerichtet haben.
Der dritte Tag führt uns durch nie enden wollende, hügelige Felder in den Süden der Bretagne. Nachdem wir die Bäckerei des Dorfes geplündert haben, brechen wir schließlich im Sonnenschein auf. 160 km weiter, in Theix, treffe ich Robin wieder, einen Radsportfreund, der uns für eine Etappe begleitet. Die vierte Etappe ist meine letzte und wir bilden eine Vierer-Gruppe mit Nathan und Bruno, unseren Reisebegleitern für diesen, letzten Radsport-Tag, während die Sonne sich endlich zeigt und wir sie vollends genießen. Wir fahren im leichten Takt, während wir uns unterhalten und pausiern, um Crêpes zu essen und Bier zu trinken, damit wir dem Thema der Tour treu bleiben. In Couëron an den Ufern der Loire müssen wir uns leider trennen. Die Hälfte des Teams fährt weiter, während ich nach Nantes fahre, um dort den Zug zurück zu nehmen. Wir sehen uns nächstes Jahr und vielen Dank an 200 für diese großartige Idee!
Text & Fotos von Sophie Gateau