Isabel Del Real: Ein Bike, ein Malsatz und ein grafischer Roman später

Isabel Del Real ist Langstrecken-Radsportlerin und „dokumentarische Cartoonistin“. Sie kam nach Nizza, um ihre Geschichte sowie Pinselstriche mit uns zu teilen. Die um die Welt fahrende Bikepackerin und Aquarellmalerin veranstaltete im Café eine Diskussion über ihre Abenteuer in der Ferne. Nach ihrem Abschluss des Jurastudiums in Paris entschied sich Isabel dafür, alles hinter sich zu lassen und per Bikepacking von der Bretagne bis nach Teheran zu gelangen („ein zufälliges Ziel, das ich wählte, um meine Großmutter zu schocken.“)

„Ich wollte die Seidenstraße entlangfahren und die Orte sehen, von denen ich gelesen hatte.“

Ihre Fantasie beflügelte sie, als sie mit Hilfe von Freunden ihr Fahrrad und somit ihren Begleiter für das Abenteuer zusammenbaute: einen Surly Ogre mit Secondhand-Packtaschen – designt, um die weite Ferne zu erkunden und zu erradeln.

„Der Schchara ist mit seinen 5193 Höhenmetern der höchste Punkt Georgiens und liegt an der Grenze zu Russland. Er teilt somit die russische Region Kabardino-Balkaria auf der nördlichen Seite von der georgischen Region Swanetien im Süden.“

Sie dokumentierte die Reise mithilfe ihrer Aquarelle, die sie in einer Art Reisetagebuch malte und auf diese Weise einen grafischen Roman mit dem Titel Plouheran schuf. Das Wort ist eine Mischung aus Plouër-sur-Rance und ihrem ultimativen Ziel, Teheran.

Hier ist eine Zusammenfassung ihrer Erfahrungen und Ratschläge für diejenigen, die ihre eigenen Bikepacking-Abenteuer erleben möchten, wie sie sie im Juni 2023 ihrem Publikum vortrug.

Die Reise

Dies war mein erstes Bikepacking-Erlebnis, komplett auf eigene Faust. Alles ist neu.
Man muss Selbstvertrauen gewinnen. Es war die erste Nacht, die ich im Einer-Biwak verbrachte. Doch zunächst geht es darum, wo man sein Nachtlager errichtet: entweder nahe an der Stadt oder sehr weit davon entfernt. – Alle diese unbekannten Geräusche und das Knarren, die Gerüche und Eindrücke. – Wo kann ich Unterschlupf finden, wo mein Zelt verstecken, um diskret zu sein und wie kann ich möglichst keine Spuren hinterlassen?

Den ersten Schrecken erfuhr ich in Lozère, nachdem ich die Legende von der Bestie des Gévaudan als Gute-Nacht-Geschichte wählte. Dann war alles vergessen. Vielleicht war der Wolf nicht hungrig.

Die Tour führte mich nach Italien, wo ich Sebastiano in Venetien traf und ihm bis nach Slowenien folgte. Dann fuhr ich weiter über den Balkan nach Griechenland und in die Türkei. Unterwegs traf ich andere Reisende, denen ich folgte und mit denen ich nicht nur die gleiche Straße nutzte. Wir kochten auf einem gemeinsamen Ofen, einem improvisierten Herd über Camping-Gasflaschen - immer unter freiem Himmel, mit den Sternen als Entertainment.

In der Türkei nahm ich eine Auszeit, indem ich malte und versuchte, meine Fähigkeiten zu perfektionieren. Ein Besuch meiner Eltern zusammen mit einem kleinen Paket von Café du Cycliste rührte mich von Herzen. Als ich Istanbul verließ, hatte ich ein paar Worte gelernt und konnte mich mit Leuten unterhalten. Mit der Fähre setze ich über den Bosporus. Ich durchquerte Landschaften, war manchmal allein, fuhr jedoch meistens mit Reisekameraden. Dann fuhr ich entlang des Schwarzen Meeres mit üppiger Vegetation und hoher Luftfeuchtigkeit.

Schließlich erreichte ich Georgien mit dem berühmten Berg Schchara, den es vor dem Wintereinbruch zu erklimmen gilt. Doch musste ich schnell sein, da die Bären dabei waren, ihren Winterschlaf vorzubereiten. Folglich war es besser, nicht zu lange an einem Ort zu verweilen ...

Nach einer kurzen Tour durch Armenien gelangte ich in den Iran, dessen Grenzen sich nach zwei Jahren wieder öffneten. Hier quatschte ich auf Farsi, traf ein paar Auswanderer und stieß auf ein Musik-Festival. Am Ende der Reise, nach 15000 km und 10 Monaten stand Teheran und das Malen …

Wenn Sie ebenso neugierig sind wie ich, eine solche Reise zu machen, dann gehen Sie raus und kaufen Sie sich ein paar Bücher. Lesen Sie Ella Maillarts „Parmi la Jeunesse Russe“ (Unter der russischen Jugend), „Der bittere Weg“ oder „Turkestan Solo“. Das ist genug, um Sie zu bewegen und sollte Ihnen einen ordentlichen Appetit aufs Reisen verschaffen.

Der grafische Roman

Dank dieser Reise entdeckte ich noch etwas anderes, nämlich das Malen und das Schreiben von Geschichten. Ich erzähle, was ich sehe durch Sprechblasen. … Zu Anfang hatte ich überhaupt nicht vor zu malen, doch war dies lediglich eine Frage, das richtige Medium zu finden und so wurde das Malen für mich genauso wichtig wie die Reise an sich, wenn nicht wichtiger.

Ich las und hörte mir alles an. Ich machte mir Notizen, um zu üben, wie man eine Geschichte erzählen kann, wie man eine Erzählung kreieren kann sowie Kapitel und Charaktere. … Ich hörte mir Riad Sattoufs Podcasts an, las Marjane Satrapi und notierte und skizzierte in meinem schwarzen Moleskine-Notizbuch. Dieses wuchs schließlich zu einem größeren Skizzenbuch mitsamt Aquarell-Kit.

Als ich weiterfuhr und die Reise voranschritt, taten dies auch meine Zeichnungen und meine ‚Geschichte‘. Ich mag es, Gefühle durch Farbe auszudrücken, jedoch ist alles improvisiert und gemalt, während sich das Abenteuer entfaltet. Alles ergab sich ganz natürlich, als ich reiste, weil ich für lange Zeit ganz allein war. Ich hatte einfach den Freiraum, eine Erzählung zu entwickeln.

Daraufhin entwickelte ich einen Charakter, um eine größere Distanz zu schaffen: Eine Heldin mit blondem Haar. Dieses Detail ermöglichte es, mir eine intime autobiografische Geschichte, eine ehrliche Geschichte zu erzählen.

Meine Inspiration kam von vielen amerikanischen grafischen Romanen, doch folge ich nicht irgendwelchen speziellen Regeln oder Standards. Dies ist eine autobiografische Geschichte, die jedoch frei geschriebene Stellen enthält, die manchmal etwas beschaulicherer sind.

Ein Jahr des Malens, der Überarbeitung der Illustrationen und des Dialogs ließen meinen Stil reifen und das Vertrauen in meine Arbeit wachsen. Es war, als sei ich noch auf dem Rad, als mir die Idee kam, Comics zu zeichnen.

Ich zwang mich nicht dazu, ich genoss einfach die Fahrt. Ich genoss es. Ich war glücklich.

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